Moonlight Yoga-Praxis mit Patricia Thielemann

Die meisten Aktivitäten stehen im Zeichen der Sonne. Sie sind gekennzeichnet durch Hitze, Anstrengung und Willenskraft. Der Mond symbolisiert dagegen Kühle, Entspannung, Spüren und Geschehen-Lassen. Und genau dieser Energie hat Patricia Thielemann ihrer “Moonlight Yoga-Praxis” gewidmet. Überzeuge dich selbst.. 

Der Tag war lang, der Himmel grau und die Stimmung passte exakt dazu. Wenn Müdigkeit und Erschöpfung sich breit machen, ist eine extrem fordernde Yogaklasse einfach zu viel. Nichtstun ist aber auch nicht die Lösung, denn oft wird die Ermattung dadurch nur noch schlimmer. Viel sinnvoller ist eine heilsame und entlastende Yoga-Praxis. Das sanfte Moonlight Yoga mit seinen lösenden, befreienden Haltungen setzt der sich immer schneller drehenden Welt gezielt etwas entgegen. In dieser Praxis geht es aber nicht nur um Hingabe und Wohlfühlen, sondern vor allem um den gewählten Rückzug und die bewusste Entschleunigung.

Wellness ist angenehm, allerdings hält die wohltuende Wirkung meist nicht lange an. In der Moonlight Yoga-Praxis ist die Entspannung in einen Yoga-Ansatz eingebettet, in dem eine nachhaltige Veränderung angestrebt wird. Denn eines ist gewiss: Nasskalte, graue Tage wird es noch häufig geben, und es ist immer irgendetwas los. Wer lernt, die Schwerkraft anzunehmen, erfährt im Gegenzug eine wunderbare Leichtigkeit des Seins.

Hinweise zu den Übungen:

  1. Gib dein Körpergewicht in allen sitzenden und liegenden Haltungen an die Erde ab. Nimm die Schwerkraft an, um so im Gegenzug Leichtigkeit zu empfangen.
  2. Verweile für eine tiefgehende Wirkung mindestens zehn Atemzüge in den einzelnen Haltungen.
  3. Lass dich wirklich mit Leib und Seele auf die Yogapraxis ein.
  4. Finde immer mehr vom Denken zum Spüren in deinen Körper. Der bewusste Atem ist hier das Bindeglied.
  5. Lass deine Praxis ein paar Minuten lang in Savasana, der Endentspannung, ausklingen.

1. Kindeshaltung

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Zieh im Fersensitz die Knie etwas auseinander und legen ein Bolster der Länge nach vor sich. Beuge dich mit langem Rücken nach vorne und lege den Oberkörper auf dem Kissen ab. Drehe den Kopf zu einer Seite und strecke die Arme nach vorne aus. Gib dein Körpergewicht dann ganz an das Kissen ab. Hierbei findet der Rücken mit jeder Einatmung Weite, mit jeder Ausatmung kann er loslassen. Verweile allerdings mindestens zehn heilsame, tiefe Atmungen lang in der Position. Drehe zwischendurch den Kopf zur anderen Seite.

2. Liegende Drehung

Platziere zuerst das Bolster der Länge nach vor sich und lege anschließend die Beine rechtwinklig gebeugt auf der linken Seite ab. Die akkurat übereinander “gestapelten” Unterschenkel befinden sich parallel zur Längsseite der Matte. Währenddessen richtest du den Brustkorb gerade nach vorne aus und setze die Fingerspitzen schulter breit davor ab. Mit der Einatmung hebt sich das Brustbein. Mit der Ausatmung komm mit langem Rücken nach vorne und legen den Oberkörper auf dem Kissen ab. Der Kopf dreht nach rechts und das Körpergewicht sinkt schwer in das Bolster. Atme tief bis hinunter in die Flanke. Die Schultern entspannen sich und die Gesichtszüge werden weich. Verweile mindestens zehn Atemzüge lang in der Haltung, dann wechsel die Seiten.

3. Kissenkreuz

Platziere zwei große Bolster vor dir, das erste längs, das zweite quer darüber. Lege dich in Bauchlage so über die Kissen, dass die Stirn entspannt auf den Händen davor ruht. Das quer liegende Kissen befindet sich auf Nabelhöhe. Drehen Sie die Fersen auswärts und geben Sie das Körpergewicht schwer an die Kissen ab. Atme tief in den Rücken. Mit jeder Einatmung findet der Rücken mehr Weite. Mit jeder Ausatmung fällt ein wenig mehr Alltagsstress von dir ab. Verweile mindestens zehn Atemzüge lang in der Position. Danach setze dich zurück auf die Fersen und komm in die Stellung des Kindes (1).

4. Sitzende Drehung

Setze als erstes aus dem Fersensitz das Becken nach rechts ab. Beide Sitzknochen berühren den Boden (falls das nicht möglich ist, lege eine gefaltete Decke unter die rechte Gesäßhälfte). Mit der Einatmung streckst du dann den rechten Arm lang nach oben. Mit der Ausatmung drehe den Rumpf nach rechts, setzt du die Finger der rechten Hand hinter dem Körper auf und führst die linke Hand zum rechten Bein.

Strebe mit jeder Einatmung noch mehr in die Länge und intensiviere mit jeder Ausatmung die Drehung nach rechts. Atme gegen den Widerstand der Rippen in die Breite. Der Hinterkopf befindet sich im Dreh- und Angelpunkt der Wirbelsäule. Die Schultern sind entspannt. Bleibe fünf Atemzüge lang in der Position, dann wechselst du die Seite.

5. Weite Sitzende vorbeuge

Komm in eine mehr oder minder weite Grätsche und lege dafür das
Bolster der Länge nach etwa 50 Zentimeter vor dem Körper ab. Die Kniescheiben zeigen nach oben und die Füße sind gebeugt. Dadurch wird die Beinmuskulatur aktiviert, was der Position insgesamt mehr Stabilität und Form verleiht. Setze die Fingerspitzen hinter dem Rücken auf. Hebe mit der Einatmung das Brustbein. Kommen ausatmend mit langem Rücken nach vorne und lege den Oberkörper auf dem Kissen ab. Wenn die Dehnung zu intensiv ist, dann setzt du einfach nur die Hände auf dem Kissen ab. Entspanne deine Schultern und bleib mindestens zehn tiefe Atemzüge lang der entspannten sitzenden Winkelhaltung. Lege den Fokus auf die lange Ausatmung und lass jedes Mal ein wenig mehr los.

6. Liegender Schmetterling

Lege den Oberkörper längs auf das Bolster. Zusätzlich kannst du den Nacken durch ein Kissen stützen. Führe die Fußsohlen aneinander und lass die Knie nach außen sinken. Um der Wirbelsäule mehr Länge zu geben, streiche den unteren Rücken und Gesäß zu den Füßen hin aus. Lege die Hände auf den Bauch oder auf die Oberschenkel. Mit der Einatmung hebt sich die Bauchdecke. Mit der Ausatmung lass in Hüften und Leisten immer mehr los. Durch die Schräglage des Oberkörpers wird die Tiefenatmung unterstützt. Verweile mindestens zehn Atemzüge lang im Schmetterling in Rückenlage.

7. Rückbeuge über zwei Bolster

Platziere zunächst zwei Bolster der Länge nach hintereinander und lege dich in Rückenlage so darauf, dass sich die Kante des oberen Kissens knapp unterhalb des Herzens befindet. Schultern und Hinterkopf liegen dabei entspannt am Boden. Strecke mit der Einatmung die Arme lang hinter den Kopf. Greife mit der Ausatmung die Ellenbogen. Ziehe den Rumpf durch die Unterarme nach oben und schiebe die Beine durch die gebeugten Füße in die entgegengesetzte Richtung. Dafür drehst du die Oberschenkel leicht einwärts und drückst die hinteren, unteren Rippen zum Boden hin. Ziehe zum Schluss mit jeder Ausatmung den Nabel zur Wirbelsäule. Tipp: Ein fest um die Oberschenkel geschnallter Gurt verhindert, dass die Beine nach außen kippen. So wird es im unteren Rücken nicht eng.

8. Brücke mit Block


Stell in Rückenlage die Füße hüftbreit auf. Press die Fußballen zum Boden, hebe das Becken und stell einen Yogablock unter das Kreuzbein. Lege die Arme entspannt ein wenig diagonal vom Körper ab und spüre, wie durch die Schräglage der Atem vertieft werden kann. Lass Nacken und Gesichtszüge weich werden und gib das Körpergewicht ganz an den Klotz ab. Verweile mindestens zehn Atemzüge lang in der Position. Um die Haltung aufzulösen, komm auf die Zehenspitzen, leg den Klotz zur Seite und senke das Becken weich von Seite zu Seite schaukelnd wieder zum Boden ab.
Danach ziehst du die Knie zur Brust.

9. Arme über der Brust gekreuzt

Stelle in Rückenlage die Füße hüftbreit auf. Die Zehen zeigen dabei gerade nach vorne. Strecke mit der Einatmung die Arme zu den Seiten hin aus. Mit der Ausatmung kreuzt du sie über der Brust. Die Schultern sinken nach unten, die Finger und Handgelenke entspannen. Lass das Gewicht der Arme schwer werden und atme tief in die Rückseite des Herzens. Bleib zehn Atemzüge lang in der Haltung. Dann kreuzt du die Arme andersherum und wiederholst die Übung.

10. Hund mit Block

Stell einen Block hochkant vor sich. Über die Bretthaltung (schiefe Ebene) kommst du in den herabschauenden Hund und platzierst den Klotz so, dass der Kopf darauf liegen kann. Die Hände sind schulterbreit voneinander entfernt, die Füße hüftbreit. Spreize die Finger und presse Daumen und Zeigefinger fest in den Boden. Zieh die Schultern zurück. Sollten die Rückseiten der Beine sehr fest sein, empfiehlt es sich, die Knie ein wenig zu beugen. Atme tief in den Rücken. Lass die Gesichtszüge weich werden und entspanne den Nacken. Bleib zehn Atemzüge lang in der Position.

11. Rechter Winkel gegen die Wand

Du setzt die Hände schulterbreit gegen eine Wand. Tritt mit den Füßen zurück, bis sich der Körper im rechten Winkel befindet. Die Füße stehen hüftbreit, die Zehen sind gerade nach vorne ausgerichtet. Beuge die Knie etwas, spreize die Finger und press sie fest gegen die Wand. Strebe mit den Sitzknochen von der Wand weg und ins Innere des Raumes. Um einem möglichen Hohlkreuz entgegenzuwirken, bewegst du die vorderen, unteren Rippen zur Körpermitte hin. Bring mit jeder Einatmung mehr Länge in den Rücken und ziehe mit jeder Ausatmung den Nabel zur Wirbelsäule. Bleibe insgesamt zehn Atemzüge lang in dieser Position.

12. Stehende Vorbeuge gegen die Wand

Stell dich mit dem Rücken zur Wand. Die Füße sind dabei etwa 40 Zentimeter von der Wand und hüftbreit voneinander entfernt. Das Gesäß berührt währenddessen die Wand, die Knie sind gebeugt. Strebe mit der Einatmung nach mehr Aufrichtung und komm ausatmend mit langem Rücken in die stehende Vorbeuge. Der Kopf hängt, der Nacken ist entspannt. Schicke zudem den bewussten Atem bis tief in den unteren Rücken. Um wieder zurück in den Stand zu kommen, setz eine Hand nach der anderen auf die Oberschenkel, stütz dich ab und richte dich so wieder auf.

13. Beine rechtwinklig gegen die Wand

Platziere ein Bolster quer und mit einer Handbreit Entfernung vor der Wand. Setze dich dafür seitlich auf das Kissen und schwinge die Beine über die Seite nach oben, bis die Beinrückseiten die Wand berühren. Zugleich dreht der Rumpf in einen rechten Winkel zu Wand. Lege außerdem Kopf und Schultern hinter dem Bolster ab. Die Hände liegen auf dem Bauch oder seitlich vom Körper, die Augen sind geschlossen. Mit jeder Einatmung bewegt sich die Bauchdecke nach oben. Mit jeder Ausatmung gibst du dann mehr Körpergewicht an das Kissen und damit den Boden ab. Verweile mindestens zehn Atemzüge in dieser Position.

14. Nadelöhr gegen die Wand

Lege dich in Rückenlage vor die Wand und setze die Füße so dagegen, dass sich die Beine in einem rechten Winkel befinden. Führe mit der Einatmung den rechten Fuß über den linken Oberschenkel. Bewege mit der Ausatmung das rechte Knie zur Seite und beuge außerdem den rechten Fuß. Gib mit den Händen leichten Druck gegen die Oberschenkel und press den unteren Rücken zum Boden. Entspanne zusätzlich Schultern und Gesichtszüge. Schicke außerdem den bewussten Atem in die Dichte der rechten Hüfte. Verweile zehn Atemzüge lang in der Position, danach wiederholst du die Übung auf der anderen Seite.


Die Gründerin von Spirit Yoga blickt auf eine langjährige Praxis als Yogalehrerin in den USA und Europa zurück. Der von ihr entwickelte und von Power Vinyasa Flow geprägte Stil bildet eine Brücke zwischen traditionellen und modernen Yogarichtungen. Er versteht sich als zugleich transformierend, heilsam, herausfordernd und meditativ. Patricia Thielemann betreibt drei Studios in Berlin und gehört zu den renommiertesten Lehrerinnen Deutschlands. Bekannt wurde sie auch durch das von ihr ins Leben gerufene “Spirit Yoga Schwangeren- und Postnatal-Yograprogramm” und hat auch schon unsere Experten-Frage beantwortet.

Fotos: Christoph Voy

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